Die mangelhafte Aufarbeitung und Anerkennung queerer Kämpfe in Deutschland und die damit einhergehende Mystifizierung von Queerness hinterlassen langsam deutliche Lücken in der deutschen Erinnerungskultur und haben reale Auswirkungen auf den Umgang mit queeren Personen heutzutage. Der Zugang zu echten queeren Geschichten (queer histories) ist grade in Zeiten von „Fake-News“ und Populismus ein wichtiges Instrument, dem Rechtsruck entgegenzuwirken.
Im Vortrag „Queere Solidarität und ihre Verfolgung im NS“ soll am Beispiel der Schneiderin Hella Knabe queeren Stimmen ein Raum gegeben werden, der von Respekt und Sensibilität geprägt ist, ohne dabei in eine unkritische Auseinandersetzung mit der Quellenlage zu verfallen. Hella hat während der NS-Zeit Kleider für trans* bzw. gender-nonkonforme Personen angefertigt und zeitgleich queere Literatur unter dem Deckmantel eines sog. „Mitteilungsblattes“ veröffentlicht. Für ihre Arbeit wurde sie auf verschiedene Arten und Weisen verfolgt und juristisch belangt. Dennoch zeigte sie sich bis zum Ende hin offen solidarisch mit trans* bzw. gender-nonkonformen Personen und trat für einen würdevollen Umgang mit ihnen ein.
Durch die Aufarbeitung und Weitererzählung ihrer Geschichte soll zum einen Hella selbst der Respekt gezollt werden, den sie für ihren Mut verdient hat. Andererseits zielt der Vortrag darauf ab, Wissenslücken zu füllen, in der Hoffnung, Zuhörende zeitgleich zu sensibilisieren. Queere bzw. trans* Personen haben schon immer existiert und werden auch weiterhin existieren, egal wie sehr ihre Rechte eingeschränkt werden. Hella Knabes Leben zeigt, wie wichtig Gemeinschaft und aktiv praktizierende Solidarität sind, aber auch wie gefährlich empathisches Verhalten in einem faschistischen autoritären Regime sein kann.
Ein Vortrag von Noah Madest. Im Rahmen seines Studiums in den Dependency and Slavery Studies hat er sich vor allem mit den Konsequenzen gesellschaftlicher Abhängigkeitsverhältnisse beschäftigt. Der Vortrag basiert auf seiner Masterarbeit, in dessen Inhalt er sich anhand einer Fallstudie mit Verfolgungsmechanismen und Unterdrückungsmethoden des NS gegenüber queeren Personen auseinandergesetzt hat.
Eine Veranstaltung im Rahmen des Dies academicus. Hörsaal VII befindet sich im Hauptgebäude am Hofgarten.