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Von schnauzbärtigen Frauen, tanzenden Jünglingen und Hofeunuchen

1. Juni 2017 @ 18:00 - 20:00

Muslimische Geschlechts- und Sexualitätskonzepte und ihre koloniale Transformation

 
Das Attentat von Orlando, Übergriffe auf LSBTTIQ-Geflüchtete und aktuelle Diskussionen um Burka- und Burkiniverbote haben das Verhältnis von Muslimen zu Körperlichkeit und Sexualität im Allgemeinen und insbesondere sexueller und geschlechtlicher Vielfalt verstärkt in gesellschaftliche Wahrnehmung gerückt. Muslimische Gesellschaften der Gegenwart scheinen in besonderem Maße homo- und trans*phob zu sein. Diskriminierung und Verfolgung auf Grund sexueller oder geschlechtlicher Identität kann dabei verschiedene Formen annehmen: Von nicht-staatlich organisierter Diskriminierung und familiärer Gewalt, bis hin zur offenen Verfolgung durch religiöse und staatliche Institutionen und dem Einsatz von Folter und Todesstrafe. Die Anzahl von Menschen aus muslimischen Gesellschaften, die aus diesem Grund nach Europa fliehen, wächst.
 
Ist der Islam also inhärent homo- und trans*phob? Der Vortrag wird zuerst einen Blick auf Mehrdeutigkeiten und Leerstellen in der Auseinandersetzung klassischer islamischer Gelehrsamkeit mit Fragen zu rechtmäßigem und unrechtmäßigem Sex werfen, die dieses Bild verkomplizieren. Historische Quellen von schnauzbärtigen Damen und bartlosen Jünglingen, einflußreichen Eunuchen und weiblicher Gemeinschaft zeigen eine große Bandbreite von Geschlechterrollen und Sexualitätskonzepten in der Islamischen Welt auf – von Istanbul bis nach Baghdad und Delhi. Noch im 19. und frühen 20. Jahrhundert zog es europäische Reisende in den ‚Orient’, um der Repression und Prüderie des bürgerlichen Europa zu entfliehen. Aber auch aktuelle ethnologische Forschungen zu Südasien oder Indonesien widersprechen ebenfalls einer Kulturalisierung von Homo- und Trans*phobie als ‚inhärent’ islamisch.
 
Doch wie lassen diese scheinbaren Gegensätze verstehen? Hierzu wird der Vortrag einen Blick auf die Politisierung des Felds von Sexualität und Geschlecht im Zuge von Kolonialismus, Nationalismus und islamischer Revitalisierung werfen – und der Frage nachgehen, warum es bei der Verfolgung von LSBT*IQ-Personen in muslimischen Gesellschaften heute um weit mehr geht als ‚nur’ Sexualmoral.
 
Danjiel B. Cubelic
Institut für Religionswissenschaft, Universität Heidelberg

Details

Datum:
1. Juni 2017
Zeit:
18:00 - 20:00
Veranstaltungskategorie:

Veranstaltungsort

Hörsaal 8 (Hauptgebäude)
Regina-Pacis-Weg 3
Bonn, 53113
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